Geschäftsbericht der Strassenbahn Bielefeld für das Jahr 1916



Jahresbericht des Städt. Betriebsamts Bielefeld
(Gas-, Wasser-, Elektrizitätswerk und Strassenbahn)
für die Zeit vom 1. April 1916 bis 31. März 1917


Strassenbahn (16. Betriebsjahr)

Das vergangene Betriebsjahr brachte wiederum eine erhebliche Verkehrszunahme. Die Zahl der Fahrgäste stieg um 26%. Besonders bemerkenswert ist die Zunahme des Arbeiterverkehrs mit 30,6%. Gegenüber dem letzten Friedensjahr stieg die Gesamtbeförderung um 11,4%. Infolge Mangels an Leuten und Stoffen und der durch den Krieg bedingten Betriebseinschränkung musste diese Mehrleistung hauptsächlich durch verstärkten Anhängewagenverkehr bewältigt werden. Hierdurch erhöhte sich die Zahl der Anhängewagenkilometer um 39 % gegen das Vorjahr und um 45% gegenüber dem letzten Friedensjahr, während die gesamte Fahrleistung gegen das Vorjahr nur um 11,4% zunahm und gegenüber dem letzten Friedensjahr um 11,3% zurückging. Die Folgen dieser Art der Verkehrsregelung in Verbindung mit nicht zu vermeidenden Überlastungen der Wagen machen sich an den Betriebsmitteln, besonders an den für den Anhängewagenbetrieb nicht geeigneten schwächeren Triebwagen überall sehr ungünstig bemerkbar. Es ist zu befürchten, dass bei weiterer Zunahme des Stoffmangels und weiterer Ausdehnung der Einberufungen von Arbeitern, besonders von gelernten Handwerkern erhebliche Betriebsstörungen und weitere Einschränkungen des Wagenverkehrs nicht zu umgehen sein werden.

Die außergewöhnliche Beanspruchung der Betriebsmittel brachte bei gleichzeitiger bedeutender Erhöhung der Preise für Betriebsstoffe und Löhne eine Zunahme der Unterhaltungskosten von 15.818 M.

Die Betriebseinnahmen stiegen um 25,5%, die durchschnittliche Einnahme für das Wagenkilometer von 37,4 auf 42,2 Pf. Die höchste kilometrische Einnahme im Tag betrug 54 Pf.

Wie im Betriebsjahr 1915/16 konnten auch in diesem nur die notwendigsten Unterhaltungs- und Ausbesserungsarbeiten ausgeführt werden, wodurch der gute Zustand der Betriebsmittel der Gleis- und Oberleitungsanlage sehr gelitten hat.

Zur Behebung der zu Beginn des Jahres eingetretenen Schwierigkeiten in der Beschaffung von männlichen Angestellten wurden weibliche Führer und Schaffner eingestellt.

Die Zahl der Unfälle betrug 52. Von diesen verliefen 24 ohne, 22 mıt leichteren, 6 mit schweren Verletzungen. Leider hatten 2 Fälle den Tod des Verletzten zur Folge. Von den Betroffenen waren 33 Fahrgäste, 3 Radfahrer, 8 Fußgänger, darunter 4 Kinder und 8 Führer bzw. Schaffner. In 30 Fällen war das Auf- und Abspringen während der Fahrt die Ursache des Unfalls.

Unter Hinweis auf die im vergangenen Frühjahr von der Verwaltung vorgeschlagene, aus besonderen, in der Sache selbst nicht liegenden Gründen aber verschobene Tariferhöhung soll zur Gewinn- und Verlustrechnung noch besonders bemerkt werden, dass der Betriebsüberschuss eben ausreicht zur Deckung der Verzinsung und einer normalen Abschreibung des Anlagekapitals. Für Rückstellungen zur Ausführung der während der Kriegszeit wegen Leute- und Stoffmangel unterlassenen Ausbesserungen aller Anlagen muss ein Zuschuss von der Kämmereikasse in Höhe von 150.000 M. geleistet werden.

Weitere Einzelheiten über die Betriebs- und wirtschaftlichen Ergebnisse sind in den nachfolgenden Aufstellungen enthalten.

Statistische Daten (in Auswahl):

Berichtsjahr (Vorjahr)
Bahnlänge in km 15,2 (15,2)
Zahl der Motorwagen 34 (34)
Zahl der Anhängewagen 22 (22)
Sonstige Fahrzeuge 4 (4)
Führer und Schaffner 87 (82)
Führerinnen und Schaffnerinnen 40 (-)
Werkstattarbeiter 32* (32)
Streckenarbeiter 11 (15)
Gefahrene Motorwagenkilometer 1.039.130 (1.032.832)
Gefahrene Anhängewagenkilometer 551.603 (397.573)
Gefahrene Wagenkilometer im ganzen 1.590.437 (1.430.406)

* Hiervon sind 11 Frauen, deren Männer im Felde stehen, die täglich während 3 Stunden zur Reinigung der Wagen Verwendung finden.


Quelle: Jahresbericht des Städt. Betriebsamts Bielefeld (Gas-, Wasser-, Elektrizitätswerk und Strassenbahn) für die Zeit vom 1. April 1916 bis 31. März 1917, Seite 21-27 (Stadtarchiv Bielefeld). Die Angaben in Klammern wurden zum besseren Verständnis ergänzt.

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