Westfälische Neueste Nachrichten vom 27. Januar 1921



Die Finanzlage des Landkreises

Letzte Sitzung des alten Kreistages

Bielefeld, 26. Januar.

Heute versammelte sich zum letzten Male der erste Kreistag des Landkreises, der nach der Umwälzung im Jahre 1919 gewählt wurde. Die Verhandlungen, zu denen 21 Abgeordnete erschienen waren, wurden von Landrat Dr. Beckhaus geleitet. (...)

Stillegung der Kleinbahnstrecke Bielefeld - Eckendorf

Mitteilung des Beschlusses des Kreisausschusses vom 6. Januar 1921 über die Stillegung der Kleinbahnstrecke Bielefeld - Eckendorf vom 1. April 1921 ab, sowie Berichterstattung über die Weiterinbetriebhaltung der übrigen Kleinbahnstrecken.

Zu diesem Punkte machten Landrat Dr. Beckhaus und Kleinbahndirektor Paul Ausführungen, die sich im wesentlichen mit ihren Ausführungen decken, die sie in der Versammlung in Heepen am Montag machten und über deren Inhalt die „Westfälischen Neuesten Nachrichten" gestern ausführlich berichteten.
Kleinbahndirektor Paul gab den Dreivierteljahresabschluss bekannt. Danach betrugen die Einnahmen der Kleinbahn bis zum 31. Dezember 1 235 000 Mark; dem steht eine Ausgabe von 1 245 000 Mark gegenüber. Die voraussichtlichen Einnahmen bis zum 31. März werden rund 1 715 000 Mark, die voraussichtlichen Ausgaben 1 750 000 Mark betragen. Hinzu kommen: Die Zinsen 100 000 Mark, für Amortisation 47 000 Mark, für Rücklagen 60 000 Mark. Das Defizit am Schluß des Rechnungsjahres wird somit, vorausgesetzt, daß die Verhältnisse sich bis dahin nicht verschlechtern, auf 25 000 Mark belaufen. Kleinbahndirektor Paul glaubt, mit dem im Etat vorgesehenen Zuschuß von 300 000 sicher auszukommen. Für die Entwicklung im kommenden Rechnungsjahr erhofft der Kleinbahndirektor staatliche Unterstützung sowie einen Nachlaß bei der Verkehrssteuer.

Landrat Dr. Beckhaus bringt darauf ein Schreiben der Handelskammer zur Verlesung, n dem die Unrentabilität der Kleinbahn darauf zurückzuführen ist, daß die Verkehrsinteressen nicht genügend berücksichtigt würden. Die Peronenzüge seien höchst ungünstig gelegt und die Gütertarife seien zu hoch, so daß viele Geschäftsleute ihre Güter per Achse beförderten.

Kleinbahndirektor Paul erwidert darauf, daß die Einlegung neuer Züge keine Erhöhung der Einnahmen bringen würde, da dann die Transportmöglichkeit nicht voll ausgenützt würde, ebenso sei eine Herabsetzung der Gütertarife nicht möglich, denn eine Mehreinnahme könne nur erzielt werden durch Erhöhung der Tarife. Der Rückgang der Frachten liege in der abnormen wirtschaftlichen Lage begründet.
Kreistagsabgeordneter Bilz-Heepen trat für die Beibehaltung des Betriebes auf der Strecke Bielefeld-Eckendorf ein. Er bittet, von einer Stillegung vorläufig Abstand zu nehmen und später, falls der Staat die Kleinbahnen nicht unterstützen sollte, die ganze Bahn stillzulegen.

Kreistagsabgordneter Rappolt-Schildesche äußerte verschiedene Wünsche zum Ausbau der Kleinbahn nach Schildesche, so u.a. die legung eines Anschlußgleises am Ostbahnhof und eines dritten Gleises nach Schildesche. Im übrigen glaubt er, daß die Stillegung der Strecke Bielefeld - Eckendorf nicht umgangen werden kann. Kreistagsabgeordneter Möller-Brackwede ist gleicher Ansicht

Nach weiteren Ausführungen des Kleinbahndirektor Paul und des Kreistagsabgeordneten Köhne-Sieker beschließt der Kreistag die Stillegung der Strecke Bielfeld - Eckendorf und die Weiterbetreibung der alten Strecken Bielefeld - Werther und Bielefeld - Enger.

Anderweitige Gehaltsfestsetzung des Kleinbahndirektors Paul mit Wirkung vom 1. April 1920 ab

Landrat Dr. Beckhaus: bei der Gehaltsregelung glaubten wir über die Gruppe 10 nicht hinausgehen zu sollen. Direktor Paul hatte schon damals den Wunsch in Gruppe 12 eingereiht zu werden. Mit Rücksicht auf die Verantwortlichkeit, den Umfang und Größe des Betriebes ist eine Erhöhung des Gehaltes erforderlich. Zunächst ist die Herforder Gesellschaft an uns herangetreten eine Erhöhung des Gehalts vorzunehmen. Diese Erhöhung scheint auch dem Kreisausschuss bei der Arbeitskraft und Tüchtigkeit des Direktors notwendig. Es wird ein Einzelgehalt von 16 000 Mark und außerdem die Orts- und Teuerungszulage vorgeschlagen.
Der Kreistag stimmt dem zu. Direktor Paul bezieht ein Gesamtgehalt von 28 500 Mk. Die Regelung der Spesenbezüge und die Zahlung von Tagegelder wird vorbehalten.

(...)



Der Zeitungsbericht vom 27. Januar 1921 berichtet über alle Ergebnisse der Sitzung des Kreistages des Landkreises Bielefeld. Wir geben hier nur die Ausschnitte wieder, die über den Stillegungsbeschluss Bieleferld - Eckendorf und das Gehalt von Kleinbahndirektor Paul berichten. In der Sitzung wurde auch über die weitere Erkundung für eine Kohlenzeche in Kirch-Dornberg berichtet, für die weitere Zuschüsse beschlossen wurden.

Wiedergabe des Artikels aus der "Westfälischen Zeitung"
mit freundlicher Genehmigung der Zeitung NEUE WESTFÄLISCHE


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