Dörentruper Sand- und Thonwerke: Betriebsgeschichte


Die Anfänge

Anfang des 19. Jahrhunderts stießen Bauern beim Niederbringen eines Brunnens auf weißen Quarzsand. Der Berg, der später für die große Sandgrube weichen mußte, gehörte damals dem „Domanium des Fürsten zu Lippe". Mit Handkarren wurde der Sand aus einer kleinen Grube geholt und von der fürstlichen Oberförsterei Sternberg himpen- oder fuhrenweise als Stubenstreusand (für Feiertage) oder Maurersand verkauft.

1901: Gründung der "Dörentruper Sand- und Thonwerken GmbH"

Diese Wald- und Grubenromantik endete, als man entdeckte, dass der Sand sich hervorragend zur Glasherstellung eignete. So entstanden neben der fürstlichen Grube weitere kleine Sandgruben, die sich 1894 in der Firma „Lippische Silbersand- und Thongruben Siekmann & Co, Dörentrup". zusammenschlossen. Ab 1900 übernahm diese Firma auch den Verkauf für die fürstliche Grube, am 9. Oktober 1901 fusionierten beide zu den "Dörentruper Sand- und Thonwerken GmbH".

Die Abteilungen der "Dörentruper Sand- und Thonwerken GmbH"

In der großen Sandgrube fanden sich neben dem Silbersand weitere Bodenschätze. Hier zeigte sich das Werk äußerst erfinderisch: Für alle Materialien, die in der Grube abgebaut wurden, konnten Produkte entwickelt werden, die in eigenen Werksabteilungen hergestellt wurden. Dadurch entstand ein lebendiger Feldbahnbetrieb, da alle Abteilungen für ihr Material Züge in die Gruben schickten.

Ziegelei (Verarbeitung von Lehm)

Über dem Silbersand fanden sich Lehmschichten. Bereits im Jahre 1900 hatte die „Lippische Silbersand- und Thongrube Siekmann & Co" eine Dampfziegelei gebaut, in der der Lehm zu Ziegelsteinen gebrannt werden konnte. Diese Ziegelei wurde 1912/13 umgebaut und dabei um die markante Feldbahnbrücke erweitert, mit der die Reichstrasse (spätere Bundesstrasse 66) überquert wurde. Sie war 130 m lang, bis zu 8 m hoch und führte in das 3. Stockwerk der Ziegelei. Dort konnten Lehm und Zusätze direkt von oben In die Misch- und Mahlwerke eingekippt werden. Die Ziegelei wurde 1981 stillgelegt, 1984 wurde die nicht mehr benötigte Brücke abgebrochen.

Werksgruppe „Dörentrup Feuerfest" (Verarbeitung von Tonsand)

Im Gebäude der Ziegelei befand sich die Tonsandverarbeitung. Mit dem Tonsand wußte man zunächst nichts anzufangen, bis 1905 entdeckt wurde, dass er zu Klebmasse verarbeitet werden kann. Damit konnten Hochöfen ausgefugt werden, mit den 1906 entwickelten Dinatonsteinen konnten sie ganz ausgemauert werden. Für den Verkauf dieser Produkte wurde eigens die Werksgruppe „Dörentrup Feuerfest" gebildet. Die Klebmasse wurde auch lose verkauft. Dafür wurde sie über Rutschen direkt in offene Güterwagen gekippt. Im Bereich der ehemaligen Ziegelei wurden verschiedene Förderbänder und Trichter über Gleisanlagen miteinander verbunden. In diesem Bereich verdienten sich die letzten Elektro-Lokomotiven bis in die 80er Jahre ihr Gnadenbrot.

Werksgruppe „Dörentrup Quarz" (Weißer Quarzsand)

Quarzsand wurde in Dörentrup nur in der großen Grube nördlich des Werkes abgebaut. Mit Eröffnung der Bahnlinie Lemgo - Bamtrup (später - Hameln) im November 1896 wurde es möglich, den Sand im großen Stil abzutransportieren. So wurde 1886/7 eine Sandwäsche gebaut, die 1904 und 1920 erweitert wurde. 1906/7 wurde eine Mühle angefügt, um die anwachsenden Sandmengen immer in der gleichen Feinheit anbieten zu können. Daran schloß sich direkt eine Verladehalle an. Der gemahlene Sand wurde dort in Säcke abgefüllt und in Güterwagen verladen. Daneben gab es eine Verladebrücke, von der aus der Rohsand direkt in darunter stehende offene Güterwagen gekippt werden konnte. Für die Vermarktung der so entstandenen Produkte wurde die Werksgruppe „Dörentrup Quarz" gebildet.

Die Feldbahn verband diese Sandverarbeitungsanlagen mit der Sandgrube, dafür mußte die Reichsstraße Lage - Hameln (Bundesstrasse 66) überquert werden. Das Beladen der Wagen erfolgte per Hand, so konnten Verunreinigungen sofort ausgesondert werden. Der weiße Quarzsand blendete dabei so stark, daß die Arbeiter im Sommer spezielle Schutzbrillen tragen mußten. Die Sandgrube war Ende der sechziger Jahre erschöpft, danach wurde der Quarzsand per LKW angefahren. Daneben wurde Quarzsand in den Zweigwerken Bornhausen und Grasleben abgebaut.

Werksgruppe "Dörentrup Baukeramik" (Abbau von Schieferton)

1925 wurde bei Lütte, 2 km in Richtung Voßheide (Lemgo) vom Werk entfernt gelegen, eine Schiefertongrube eingerichtet. Darauf folgte 1928 die Inbetriebnahme des Werkes für Klinkersteine und -platten mit der dafür zuständigen Werksgruppe "Dörentrup BaukeramIk". Die Grube in Lütte wurde bis zu ihrer Erschöpfung durch eine Seilbahn mit dem Klinkerwerk verbunden. 1935 trat an ihre Stelle die neu erschlossene Grube im Maiboltetal. Da sie durch ihre Tallage nicht mit der Seilbahn erreicht werden konnte, brachte sie dem Feldbahnbetrieb einen beträchtlichen Transportzuwachs. Die Grube lag 2 km vom Werk entfernt, in ihr wurden mindestens 2 große Kettenbagger eingesetzt, außerdem gab es dort Anfang der fünfziger Jahre eine Bremsberg-Anlage. Der Schiefertonabbau im Maiboltetal endete nach Angaben des Werkes Im Jahre 1962, hatte wahrscheinlich aber schon in den Vorjahren geruht. Seitdem wird der Ton von auswärts per LKW angefahren. Die Grube wurde vom "Kompostwerk Lemgo" übernommen, verfüllt und renaturiert.

Braunkohle

Im Frühjahr 1896 wurde bei Probebohrungen Braunkohle entdeckt. Sie lag in verschiedenen Schichten zwischen den Sand- und Tonablagerungen. Da es damals noch keine öffentliche Stromversorgung gab, bot es sich an, die benötigte Energie für das Werk selbst zu erzeugen. 1900 wurde eine 85 PS-Dampfmaschine mit einem Zylinder aufgestellt, 1902 eine elektrische Zentrale errichtet. Damit war gleichzeitig die Voraussetzung für den elektrischen Feldbahnbetrieb geschaffen.

Die Leistung wurde bis 1907 durch eine zweite Maschine auf 400 kW erhöht, von 1921 an konnten sogar die umliegende Ortschaften mit 220 V Gleichstrom versorgt werden. 1923 schloß man sich dem Kraftwerk Wesertal an, etwa ab 1950 übernahm dieser Stromerzeuger den öffentlichen Teil der Stromversorgung. Die eigene Stromerzeugung endete in den siebziger Jahren.

Strassensplitt

Im Bereich der Brückenrampe befand sich eine Steinmühle, in der zerbrochene Steine gekippt werden, um dann als Straßensplitt weiter verwendet zu werden.


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