Herforder Kleinbahnen


Die Herforder Kleinbahnen entstanden aus dem Wunsch heraus, das Gebiet des Kreises Herford mit einem Netz von Kleinbahnen zu erschliessen. Ähnliche Interessen verfolgte der Landkreis Bielefeld, mit dem dieses Vorhaben gemeinsam angegangen wurde. So entstanden die Herforder Kleinbahnen und die Schmalspurbahnen des Landkreises Bielefeld und wurden bis 1934 gemeinsam betrieben.

Am Anfang standen große Pläne: Von Herford aus sollten drei Kleinbahnstrecken in Richtung Melle, Bünde und Salzuflen/Vlotho gebaut werden, in Enger war die Verknüpfung mit den Bielefelder Kreisbahnen vorgesehen. Da die Gesellschaft mehere Strecken betreiben sollte, erhielt sie den Namen "Herforder Kleinbahnen".

Strecken und Fahrzeuge waren wie bei der Wallückebahn mit einer Spurweite von 60 cm geplant worden. Kurz vor Baubeginn wurde in Herford "in letzter Minute" entschieden, die Strecken in Meterspur zu bauen. Tatsächlich wurden dann nur Teile des geplanten Streckennetzes gebaut: In zwei Abschitten wurde die Meller Strecke bis Wallenbrück eröffnet (1900), der geplante Weiterbau auf niedersächsischem Gebiet scheiterte bald. Von Herford aus wurde eine zweite Strecke nach Vlotho gebaut und in den Jahren 1902/03 abschnittsweise eröffnet. Für die Strecke nach Bünde waren in den 30er Jahren die Planungen abgeschlossen, zu einem Baubeginn kam es dort aber nicht mehr.

Bis zum ersten Weltkrieg entwickelte sich der Verkehr gut. Im Berufs- und Ausflugsverkehr wurden die Erwartungen in den Personenverkehr erfüllt, im Güterverkehr erbrachte der Hafen in Vlotho bald die gewünschten Frachtmengen.

Zwischen 1911 und 1916 wurde die Staatsbahnstrecke zwischen Hamm und Minden viergleisig ausgebaut. Dafür wurde 1915 in Herford der alte Standort des Kleinbahnhofs aufgegeben und auf der westlichen Seite der Staatsbahn durch einen völlig neu gebauten Kleinbahnhof ersetzt.


Foto links: Warenumschlag am Vlothoer Hafen, etwa 1930. Am Hafenkai stehen vorn zwei große HaWa-Vierachser (401-420), das Umladen geschieht mit zwei Hafenkränen der Herforder Kleinbahnen. Trotz dieser Anlagen war das Verladen der Säcke schwere Akkordarbeit.

Ab 1928 erwarb das Elektrizitätswerk Minden-Ravensberg GmbH (EMR) die Mehrheit der Herforder Kleinbahnen und elektrifizierte die Bahn zwischen 1930 und 1933. Die Bielefelder Kreisbahnen lehnten diese Modernisierung für ihre Strecken ab und lösten im Jahr 1934 die Betriebsgemeinschaft auf. Die modernen Fahrzeuge und die verkürzten Fahrzeiten brachten im Personenverkehr einen deutlichen Aufschwung. Weitere Modernisierungen und Streckenveränderungen (begonnen im Bereich Exter, geplant im Stadtbereich Herford) wurden durch den 2. Weltkrieg verzögert und letztlich verhindert. Im Jahr 1946 stürzte durch Hochwasser in Herford die Werrebrücke ein. Bis zur Eröffnung des Neubaus im Jahr 1949 war der durchgehende Verkehr unterbrochen und stark eingeschränkt.

In den fünfziger Jahren wurde der Fahrzeugpark durch Grossraumwagen und Dieselloks modernisiert. Trotzdem stagnierte die Entwicklung der Bahn, gleichzeitig baute das EMR ein Busnetz auf. Der Ablauf der Konzession auf lippischen Gebiet gab den Anstoss zur Stillegung der verkehrsschwachen Strecke Herford-Vlotho im Jahr 1962. Im folgenden Jahr wurde der Abschnitt Wallenbrück-Spenge Siedlung ebenfalls eingestellt. Für die verbliebene Strecke Spenge - Herford gab es im Personenverkehr zwar echten Bedarf, die fehlende Anbindung der Herforder Innenstadt wirkte sich nun aber nachteilig aus. Die Fahrt endete im Kleinbahnhof vor den Toren der Stadt. So wurde der restliche Personenverkehr am 22.4.1966 stillgelegt.


Foto rechts: Vom Land in die Stadt - moderner Personenverkehr im Jahre 1964 (Foto: Helmut Beyer).

Im Stadtgebiet von Herford hielt sich der Rollbockverkehr bis zum 30.6.1966. Zu diesem Termin hatten die Herforder Kleinbahnen der Firma SULO die Bedienung des schmalspurigen Anschluss in der Werrestrasse gekündigt. Anschliessend wurden alle Gleisanlagen abgebaut, einige Fahrzeuge konnten an Inselbahnen verkauft werden. Die regelspurigen Anschlussgleise in der Nähe des Kleinbahnhofs in Herford wurden von der Deutschen Bundesbahn übernommen. Zum 15.12.2002 wurde der Firma SULO auch der regelspurige Anschluss gekündigt und anschliessend stillgelegt.

Heute ist der Trassenverlauf der Herforder Kleinbahnen an vielen Stellen noch zu erkennen. Von Herford bis Enger ist die Trasse in einen Radweg umgewandelt worden. Bis auf die Empfangsgebäude im Herforder Kleinbahnhof, in Enger und Wehrendorf wurden alle Hochbauten abgerissen. Am ehemaligen Bahnhof Enger erinnert das Kleinbahnmuseum Enger an die vergangenen Kleinbahnzeiten.


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