Ziegelei Bethel GmbH

33617 Bielefeld (Bethel)

Betriebseröffnung
1797

Übernahmen
durch Bethel:
1879 und 1892

Bahnbetrieb

Feldbahn (600 mm)
19xx-1967


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Übersicht Werkbahnen

Die Anfänge der von Bodelschwinghschen Anstalten in Bielefeld-Bethel gehen auf eine Gründung im Jahr 1867 zurück. In den folgenden Jahren entstand südlich der Bielefelder Innenstadt ein ganzer Stadtteil, in dem Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen und sozialen Benachteligungen ein Zuhause finden sollten.

Die Anstalt wuchs in den folgenden Jahren stark an und baute eigene Wirtschaftsbetriebe auf.

So wurden auch zwei Ziegeleibetriebe übernommen und unter der Regie der Anstalt weiter betrieben. Da beide Ziegeleien unterschiedlichen Ton mit sehr speziellen Maschinen verarbeiteten, bestanden beide Ziegeleien nebeneinander

Ansicht von Bethel. Der Blick folgt dem Pellaweg, links liegen die Ziegeleien - zu sehen sind die beiden Schornsteine der "Ziegelei I". Rechts ist der Sportplatz südlich des Quellenhofweges zu sehen. Die Feldbahnstrecke verlief von der Ziegelei I kommend quer über den Pellaweg und verlief zu den verschiedenen´Tongruben. Am rechten Bildrand ist schwach eine Reihe von Kipploren zu erkennen, hier befand sich eine Ausweiche, in der Kipploren abgestellt werden konnten (Foto: Postkarte, Archiv schmalspur-ostwestfalen.de).

Die ältere der beiden Ziegeleien ("Ziegelei I", "Ziegelei Hebron" oder "obere Ziegelei")
Diese Ziegelei lag nördlich der heutigen Bodelschwingh-Schule.

Die Ziegelei wurde von einem Herrn Kükenshöner zwischen 1850 und 1860 angelegt und 1879 von Bethel gekauft. Pfarrer Siebold berichtet darüber im Jahr 1893 (Seite 85, Die Anstaltsziegeleien): "Weil sich auf dem Anstaltsgebiete guter Thon vorfand, so hat man um der Kostenersparnis willen schon beim Bau des Diakonissenhauses Sarepta den fürs Fundament und den Keller weggegrabenen Thon zum Brennen von Ziegelsteinen für den Neubau benutzt. Zunächst (Seite 86) begnügte man sich mit einem sogenannten Feldbrande; als aber die Notwendigkeit, andere Häuser zu bauen, hervortrat, hielt man es für zweckmäßig und richtig, einen Ringofen zu bauen. Weil man auch für den Fall, dass die Steine in der Anstalt selbst nicht gebraucht würden, doch auf Abnehmer von Bielefeld und Umgegend rechnen durfte und weil man auf diese Weise auch in der Winterszeit eine Anzahl Epileptischer mit Thongraben beschäftigen konnte. So kam denn nach Einrichtung der Ziegelei in jedem Frühjahr ein Ziegelmeister mit den nötigen Gehilfen aus dem benachbarten lippischen Lande und verarbeitete den durchgefrorenen Thon mit Hilfe einer Dampfmaschine zu soliden und gesuchten Ziegelsteinen. Im Laufe der Zeit wurde auch ein Ofen für Thonröhren, Falzziegel und Hohlziegel gebaut und in Betrieb gesetzt. Diese ganze Arbeit konnte aber nur während des Sommers geschehen, weil eintretender Frost das geformte Steingut zerstört.

(Seite 88:) Im Maschinenraum neben der großen Ziegelei sind zwei Dampfmaschinen vorhanden, eine mit 200 und eine mit 600 PS, von denen in der Regel nur eine in Betrieb ist. Etwa 70 PS werden direkt für den Antrieb der Ziegelei abgezweigt, der Rest wird in Strom umgewandelt. Zu den Abnehmern gehört auch die „Sommerziegelei mit einer Schlemmvorrichtung“. Teil des Stroms wird an benachbarte Gewerbebetriebe verkauft." Als Hersteller einer Dampfmaschine wird bei Albrecht Gieseler die Firma "Maschinenfabrik B. Maier KG" in Brackwede genannt, er gibt die Leistung mit 130 PS an.

Feldbahnbetrieb: Der Lehm für diese Ziegelei wurde in verschiedenen Gruben südlich des Quellenhofwegs und südwestlich des Bohnenbachweges abgebaut und mit der Feldbahn zur Ziegelei gebracht, die Streckenlänge betrug zuletzt etwa 1500 Meter. Selbst die Distanz von Grube I zur Ziegelei I (ca. 300 m) ließ kaum einen Handbetrieb zu. Auf alten Karten ist die Strecke ausdrücklich als "elektrische Bahn" gekennzeichnet. Da mit der Dampfmaschine der Ziegelei genügend Strom erzeugt wurde, ist ein elektrischer Feldbahnbetrieb um die Jahrhundertwende durchaus möglich gewesen (vgl. die Betriebe Dörentruper Sand- und Thonwerke, Ziegelei Dürkopp in Dornberg, Gut Steinlake bei Kirchlengern und Rittergut Rothenhoff bei Costedt). Ab den 30er Jahren standen Dieselloks zum Einsatz, der Betrieb endete im Jahr 1967.

Auf dieser Karte aus dem Jahr 1895 sind die beiden Ziegeleien zu erkennen: Die obere Anlage ist die Ziegelei II, darunter (mit dem runden Gebäude in der Mitte) die Zieglei I. Die Strecke verlässt das Ziegeleigelände in Richtung Süden. Die Karte entstand vor dem Bau der Bielefelder Strassenbahn (1900).


Die zweite Ziegelei ("Ziegelei II", "Dreyersche Ziegelei" oder "untere Ziegelei")
Sie befand sich an der heutigen Straße "An der Tonkuhle" - hier lag die Grube unmittelbar neben der Ziegeleianlage.

Über die Anfangsjahre dieser Ziegelei weiß Pfarrer Siebold Folgendes zu berichten (Seite 86): Bethel fiel "im Jahre 1892 eine zweite, große benachbarte Ziegelei mit 2 Ringöfen zu. Der Besitzer (Dreyer) derselben, welcher etwa 40 Morgen Grundstück besaß, die teilwiese in das Anstaltsgebiet hinein sich erstreckten, begann eine Anzahl mehrstöckiger, großer Arbeiterhäuser auf den unseren Anstalten benachbarten Grundstücken zu bauen. Mehrere mit dem Geiste der Anstalten durchaus nicht zusammenstimmende Arbeiterfamilien wurden angesiedelt, sowie auch eine Verkaufsstätte von geistigen Getränken eingerichtet. Die Häuser lagen zudem an dem Wege, welchen eine große Anzahl Anstaltsgenossen täglich zu gehen hatte. Da nun davon die Rede war, dass noch mehr solcher Häuser eingerichtet werden sollten, und dadurch das ruhige Anstaltsleben schwere Nachteile zu erwarten hatte, auch der für die Besitzung geforderte Preis nach dem Urteile eines hervorragenden Sachverständigen (Seite 87) nicht zu hoch war, so genehmigte die Regierung den Ankauf dieses größeren industriellen Unternehmens, und es hat sich schon jetzt gezeigt, wie richtig es gewesen ist, in Gottes Namen durch diesen Kauf eine neue Schuldenlast von 230.000 Mark zu übernehmen.

Hat sich doch beim Ankaufe selbst schon Gottes Walten deutlich gezeigt: Während der Vorstand der Anstalten noch in Verlegenheit war, einen Sachverständigen zu finden, und der frühere Besitzer einen der Anstalt bis dahin unbekannten Baurat H. aus Schlesien vorschlug, der Vorstand sich aber nicht entschließen konnte, einen Sachverständigen so weit herzuholen, erschien der Baurat eines Tages gerade zur rechten Zeit, ohne von jemandem gerufen worden zu sein, weil er an einer Sitzung des deutschen Vereins „Arbeiterheim“, die in Bielefeld stattfand, teilnehmen wollte. Der Baurat zeigte sich als einen ernsten Christen und wahren Freund der Anstalten, welcher denselben bei der weiteren Verwertung unserer Ziegeleien schon wesentliche Dienste geleistet hat.

Die neue Ziegelei ist mit einer sog. Trockenpresse versehen, so dass hier auch im Winter gearbeitet werden kann. Neuerdings hat man angefangen, auch feinere Steine, Verblendsteine u. dgl., dort anzufertigen und es werden im Laufe des Jahres gegenwärtig rund 6 Millionen Steine gebrannt, von denen ein großer Teil nach auswärts abgesetzt wird. Neben der Ziegelei befindet sich in einem früheren Trockenschuppen eine Werkstatt zur Herstellung von Cementplatten aller Art namentlich zur Bedachung der Häuser und zum Gebrauche in Kellern und Fluren der Anstaltshäuser. In Verbindung mit unserer großen Ziegelei steht auch die Herstellung von sog. Gipsdielen, welche als Zwischenwände an Stelle der Spalierlatten bei den flachen Dächern auch als Bedachung vielfach Verwendung finden."

Feldbahnbetrieb: Die zweite Ziegelei gewann ihren Ton in einer tiefen Grube direkt neben dem Fabrikgebäude. Ein Foto aus dem Jahr 1950 zeigt die Anlage in Betrieb - die Grube wurde über einen steilen Bremsberg mit Motorwinde erreicht. Ein Einsatz von Lokomotiven ist in dieser Grube sehr unwahrscheinlich. In einem Zeitungsbericht wird davon berichtet, dass an der südlichen Seite der Grube Ton gewonnen wiurde, während die Grube an der nördlichen Seite schon mit Schutt und Abfall verfüllt wurde. Nach Einstellung der Ziegelei II im Jahre 1961 wurde die Grube verfüllt und später überbaut.

Ziegelei Sudbrack
Im Jahr 1953 erwarb die Stadt Bielefeld die Ziegelei Sudbrack. Auf dem Gelände sollte nach der damaligen Verkehrsplanung ein Autobahndreieck entstehen. Bis zum geplanten Baubeginn verpachtete die Stadt Bielefeld die Anlage an die Ziegelei Bethel. In der Grube dieser Ziegelei gab es um 1960 (auf Bollmann-Plan verzeichnet) einen Lokschuppen und Feldbahnbetrieb. Wahrscheinlich wurde eine Lok aus Bethel zur Ziegelei Sudbrack abgegeben - das würde auch erklären, warum Bethel ab 1953 über drei Dieselloks verfügte. 1964 lief der vertrag aus und die Ziegelei Sudbrack wurde stillgelegt und abgebrochen.

Im Jahr 1968 wurde auch die Ziegelei I eingestellt, die Gebäude abgerissen und die Flächen neu bebaut. Eine Lok gelangte zum Torfwerk Freistatt (Außenstelle der von Bodelschwinghschen Anstalten), der Verbleib der anderen Fahrzeuge ist bisher unbekannt.
Fahrzeugnummer Hersteller Fabriknr. Baujahr Typ Achsfolge
Ziegelei Bethel Deutz 11659 1934 OME 117 F B-dm       Verbleib ist unbekannt
Ziegelei Bethel Schöma 981 1948 B-dm       Verbleib ist unbekannt
Ziegelei Bethel Schöma 1474 1953 LO 36 B-dm Foto(s) vorhanden      

Literatur und Quellen


Neben eigenen Aufzeichnungen wurden folgende Quellen ausgewertet:

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